Geburtstagsshow Al Cook
Liebe Blues Community
Ich möchte mich wieder einmal mit einem Beitrag aus dem Off melden.
Zur Gründerzeit der Blues.at schrieb ich jede Woche eine Kolumne zu den laufenden Aktivitäten. Nun haben sich die Zeiten und die Szene ziemlich geändert und ich konzentrierte mich auf CD Projekte und Auftritte. Dieses mal steht aber ein besonderer Event auf dem Plan, der nicht versäumt werden sollte.
Ich werde am 27. Februar dieses Jahres fast unglaubliche 80 Jahre alt und bin nun mehr als sechs Dekaden auf der Bühne. Zeitlebens habe ich solid und fast anspruchslos gelebt, weil meine Leidenschaft seit meinem 15. Lebensjahr auch eine Art Obsession war, die ich mit beinharter Überzeugung bis heute durchgezogen habe.
Dabei begann alles recht unspektakulär. Ich wollte Astronomie und Physik studieren und war 1958 im Alter von 13 Jahren das jüngste Mitglied an der Wiener Urania-Sternwarte. So hoffte ich dereinst einmal bei der NASA zu landen. Ich war damals das, was man heute unter einem Nerd versteht. Doch daraus wurde nichts, denn wir kamen gerade noch mit Vaters schmalem Gehalt aus und ich wurde dorthin verortet, wo ich eigentlich nie hinwollte…als Mechanikerlehrling in einer Fabrik, wo ich eigentlich nicht hinpaßte. Frustriert und problembeladen machte ich mich auf einen ziellosen Spaziergang und stand plötzlich vor einem Kino, wo man noch alte Elvis-Filme aus den 50ern spielte. Auf dem Programm stand „Gold aus heißer Kehle“ aus dem Jahre 1957. Als ich das Kino verließ, war mir der Film zum Schicksal geworden und ich sagte der Wissenschaft tonlos ade, denn im Rock ’n‘ Roll sah ich meine Chance auszubrechen. Von 1960 an gab’s für mich nichts anderes als den Sound und den Lifestyle der Fifties. Die Jahre vergingen mit Selbststudium und der Konsolidierung einer passenden Persönlichkeit. Am 17. Oktober 1964 stand ich das erste Mal auf den Brettern, die mir bis heute die Welt bedeuten. Doch schon der erste, bereits semiprofessionelle Auftritt war ein Flop, weil ich vor dem falschen Publikum auftrat. Zudem hatten 1964 die Beatles bereits die Welt voll im Griff und Elvis war zum amerikanischen Peter Alexander geworden. Fast jeder hätte sich entweder angepaßt oder aufgegeben. Inzwischen mutierte Alois Koch zu Al Cook und ich lernte durch einen Nachbarn den Blues kennen und ich traf eine friß-oder-stirb Entscheidung, die ich nie bereut habe. Trotz allem aber wollte ich Eigenständiges schaffen und begann selbst zu komponieren und meine Lebenserfahrungen einzubringen.
Meine Umgebung wußte nichts mit mir anzufangen und am Arbeitsplatz lernte ich schmerzlich das zu erleben, was man heutzutage Mobbing nennt. Doch es sollte bis Oktober 1973 dauern, bis es mir möglich war, die Fabrik für alle Zeit zu verlassen, um Profimusiker zu werden. Bis 1970 spielte ich vor vorwiegend verständnislosem Publikum, da ich wie immer, diametral zum aktuellen Zeitgeist stand. Endlich entdeckte man mich im Zuge des Folk-Song Booms der späten Sechziger und dann ging es erst richtig los. Binnen einem Jahr war ich eine Lokalikone und sogar ein Teil der heimischen Populärkultur. Bluesfachleute sowie Musikmagazine lobten mich über den Klee und ich avancierte zum besten Vintage-Blues Künstler weißer Hautfarbe. Ich jammte mit fast sämtlichen Originalmusikern der ersten und zweiten Generation, doch kein internationaler Festivalveranstalter lud mich ein, weil ich offenbar weiß war und kein geborener Amerikaner. Zwar absolvierte ich drei Deutschlandtourneen, konzertierte in der Schweiz und dreimal in Südtirol, aber das war es. Doch blieb ich unbeirrt und wurde sogar von der Stadt Wien, der Republik Österreich und meiner Geburtsstadt Bad Ischl für meine Kulturarbeit mit Gold ausgezeichnet.
Ich war auch so etwas wie ein Pionier. Vor meiner Zeit tat sich in punkto Blues meiner Beobachtung nach eigentlich gar nichts. Zwar kannte man seit der Besatzungszeit diesen Begriff, aber niemand wußte, was das eigentlich wirklich war. Viele hielten den Blues hauptsächlich bloß für langsame Tanzmusik im Foxtrot-Rhythmus, aber die Jazzmusiker hielten ihn entweder für unseriöse Spelunkenklimperei oder einen vernachlässigbaren frühen Jazzstil, den man nicht ernst nahm. Bezeichnend für diese Einstellung war der allseits abfällige Terminus für Bluesfans im Allgemeinen und der hieß: Alabama-Ferdl. Bei den Akademie-Jazzern hatten wir sowieso keinen Stellenwert. Also setzte ich mir die Aufgabe, diese Musik von ihrem Randgruppendasein in den Fokus unserer Musikszene zu holen. Das heißt im Klartext, den Blues salonfähig zu machen, ohne ihn durch zeitgeistigen Zuckerguß gefälliger zu arrangieren.
Bis zu meinen aktuellen Begleitmusikern Charlie Lloyd, Harry Hudson und Mike Jerry gab es kaum ein passendes Backup, das sich 42 Jahre halten konnte. Wir proben nicht und es gibt auch keine Reibereien. Man spielt und damit paßt es. Nächstes Mal klingt’s anders. Blues muß leben und darf keinesfalls zur musealen Präsentation verkommen.
Ich möchte nicht abschließen, ohne auch meinen Kritikern und Skeptikern eine Wortspende zu hinterlassen.
Ich kenne meine Pappenheimer, die mich für einen sturen, vernagelten Basis-Fundamentalisten halten. Einen alten, weißen Mann, der die Zeichen der Zeit nicht erkennen will und sich zum intoleranten Grantler gemacht hat….Ich kenne sie alle und bin keinem von ihnen böse. Ich weiß genau, was sich tut und habe für alles eine Antwort. Ich bin es gewohnt mit der Konfrontation zu leben.
Liebe Freunde….Weiß bin ich geboren und alt von selbst geworden. Auf beides hatte ich keinen Einfluß. Das habe ich von der Natur verpaßt bekommen.
LONG LIVE THE BLUES
und vergeßt nicht, meine Autobiografie zu lesen….da steht alles drin; auf 770 Seiten
Euer Al Cook