Konzertbericht Abi Wallenstein & Christoph Steinbach
Werner Simon hat einen sehr schönen Bericht über Abi Wallenstein und Christoph Steinbach geschrieben. Beide Ausnahmemusiker waren am Wochenende zu Gast in der Steiermark und brachten den „Holländer“ in Neuberg/Mürz zum Beben!
Abi Wallenstein (g, vcl, stomp-box) und Christoph Steinbach (p, vcl)
beim Holländer in Neuberg/Mürz, 15. März 2015
„Ein Konzert der Kontraste“
Beide waren schon am Vorabend gemeinsam im Metropol auf der Bühne gestanden, und Abi nützte seinen Aufenthalt für ein weiteres Konzert bei legendären Holländer in Neuberg, Willem van der Hulst, wo er schon öfter zuvor gespielt hatte.
Beide beginnen gemeinsam; es werden ein paar Standards gespielt, bei denen Abi seinen üblichen Dynamik- und Tempospielraum weglässt, um Christoph nicht zu überfordern, der im Satz und bei seinen Chorussen ganz passabel dabei ist, allerdings den Eindruck eines Rennpferdes entstehen lässt, das das Loslassen der Zügel kaum erwarten kann.
Danach verlässt Abi die Bühne, und Steinbach legt mit einem „Boogie zum Aufwärmen der Hände“ los, bei dem die Bassfigur an Jack Fina erinnerte. Seine Virtuosität ist schwer zu überbieten, sein Tempo wahrscheinlich gar nicht. Selbst bei Höchstgeschwindigkeits-Stakkato greift er nicht daneben, er wirkt äußerst trainiert, für Improvisation bleibt da sowieso kein Platz. Spätestens beim ersten von ihm gesungenen Titel wird offenbar, dass Vince Weber eines seiner Vorbilder ist, die alten Veteranen Ammons und Johnson sowie Stridegigant Fats Waller sowieso. Es entsteht der Eindruck, dass er es als eine Art sportlichen Wettbewerb betrachtet, möglichst viele Tasten pro Takt zu bewegen, sparsames Spiel ist nicht seins.
Dass damit großes Manko hinsichtlich des Feelings entsteht, scheint er nicht zu merken; der Enthusiasmus des Publikums gibt ihm jedoch Recht. Verschnaufpausen gibt es wenige, von den langsamen Stücken bleibt besonders Oscar Peterson’s geniale Ballade „Hymn for Freedom“ in Erinnerung, die er zwar fast Note für Note kopiert, aber mit einem Minimum an Gefühl ans Ohr bringt. Man hat den Eindruck, er möchte es möglichst rasch zum Ende bringen.
Von seinen Solostücken ist „Sweet Georgia Brown“ bemerkenswert. Das Intro ist ein Mittelding zwischen Dr. John und James Booker – letzteren dürfte er ausgiebig gehört haben; schönes New Orleans Piano. Danach wird es zum Stride, fehlerlos gespielt, zum Ende hin in atemberaubendem Tempo, schier unglaublich.
Im Duo sind besonders zwei Stücke zu erwähnen: einmal Aretha Franklin’s „Chain Of Fools“, sehr eindrucksvoll von Abi gespielt und gesungen, gelungen begleitet von Christoph. Außerdem „Cry Cry Baby“, als astreiner Rock ’n‘ Roll interpretiert, und mit sehr schönem Boogie unterlegt.
Das Finale gehört wieder Abi; mit „Goodnight Irene“ glaubt er aufhören zu können, wird aber vom begeisterten Publikum zu einer weiteren Zugabe gedrängt, bei der er den Mojo kurzarbeiten lässt, weil er sein Flugzeug nicht versäumen will.
Er bekommt spontanen Applaus und Standing Ovations der zahlreichen steirischen Fans beim Verlassen der Location…
Werner Simon