Konzertbericht Veronica Sbergia & Max De Bernardi im Local
Noch ein sehr schöner Bericht von Werner Simon von einem äußerst eindrucksvollen Abend im Local in Wien:
Veronica Sbergia & Max De Bernardi
im „Local“ am 17. März 2015
Veronica Sbergia und Max De Bernardi sind zwei Drittel der „Red Wine Serenaders“, die im Trio noch um einen Upright-Bassisten erweitert auftreten und in dieser Formation die European Blues Challenge 2013 in Toulouse gewannen; im „Local“ waren Veronica und Max zu zweit auf der Bühne. Veranstalter Othmar Loschy hat sich herzlichen Dank verdient.
Frau Sbergia erscheint in einem grünen Kleid im Retro Look mit grellrot geschminkten Lippen, auffälliger Brille, einer weißen Blume im dunklen Haar und einem Rack um den Hals, das das Kazoo trägt und den ganzen Abend lang nicht abgenommen wird, obwohl das Instrument sparsam eingesetzt wird (man erinnere sich an die inflationäre Verwendung desselben durch Tampa Red!).
Sie steht während des gesamten Konzerts, lächelt ständig, grimassiert manchmal und fühlt sich sichtlich wohl, ihre gute Laune mühelos auf das Publikum übertragend. Sie bewegt sich ständig im Takt und bearbeitet das Waschbrett mit zwei Haarbürsten (!); daneben ist sie auch auf vier- und achtsaitiger Ukulele zu hören, die sie zumeist nur „schrubbt“. Sie kann wirklich singen und ihre englische Aussprache ist fast akzentfrei.
Herr De Bernardi ist unauffällig gekleidet, trägt einen Spitzbart und lächelt selten, obwohl auch er Spaß zu haben scheint. Er spielt zwei unterschiedlich gestimmte Resonatorgitarren, eine davon mit Slide, die andere mit drei Picks. Alle Instrumente sind unplugged und werden über Mikros verstärkt. Konzentriert wirkend spielt er scheinbar mühelos auch schwierige Passagen mühelos und nahezu fehlerfrei. Auch er singt fast ohne Akzent; seine Stimme passt gut zum Repertoire.
Die hier zu Lande fast üblich gewordene ständige Verwendung von Superlativen ist mir ein Greuel, obwohl ich mich auch selbst manchmal dabei erwische. Im gegenständlichen Fall ist dessen Gebrauch zulässig, sogar angebracht, handelt es sich doch um eines der besten Konzerte, die ich erleben durfte, ex aequo mit Meena Cryle und Chris Fillmore im Musikverein, wobei ein direkter Vergleich wegen der stilistischen Unterschiede nicht möglich ist.
Der Titel der 2012 erschienenen CD der Beiden ist „Old Stories For Modern Times“, und genau das wird geboten, sowohl in Coverversionen als auch eigenen Kompositionen. Veronica und Max haben es sich zur Aufgabe gemacht, alten Stücken den passenden Touch für 2015 zu verpassen, und damit auch jüngeres Publikum anzusprechen. Man hört Country Blues und -Rags, Gospel, jazzige Titel und einen Hauch Vaudeville. Die alten, teils uralten Lieder sind zielorientiert arrangiert, zum guten Teil unvermeidbar weil im Original in größeren Formationen gespielt (z.B. Bessie Smith, Harlem Hamfats, andere); auch langsame Stücke haben gehörigen Swing und Drive.
Es würde den Rahmen sprengen, auf die Titel im Einzelnen einzugehen, alle wurden heftig akklamiert. Als besonders umjubelt erinnere ich mich gerne an die Eigenkomposition „Mexican Dress“ und den „Hawaiian Song“, bei dem das Publikum von Veronica spaßhalber zum Singen des Refrains aufgefordert wird, obwohl der Text unreproduzierbar ist („kalakatua“ ist noch das einfachste Wort).
Es war, wie bereits erwähnt, superlativ. Puristen mögen die der zeitgemässe Präsentation alter Musik kritisieren, ich selbst war begeistert, und dies gilt auch für das Publikum, in dem sich mit Erik Trauner, Didi Mattersberger, dem rumänischen Country Blueser Vali Racila, Joachim Palden und Peter Müller viele äußerst Sachkundige befanden.
Werner Simon